Wenn man den Diskurs zum Fachkräftemangel verfolgt, fällt auf, dass in jüngster Zeit immer wieder ein Lösungsansatz genannt wird: Teilzeitkräfte - damit sind meist Frauen gemeint - sollen auf Vollzeit aufstocken. Entweder gelten weibliche Teilzeitangestellte als Opfer, die wegen der Erziehung ihrer Kinder ihre Arbeitszeit reduziert und damit unwiderruflich in der Teilzeitfalle respektive schlecht bezahlten B-Jobs ohne Karriereaussichten gelandet sind. Oder es wird ihnen (meist implizit) vorgeworfen, aus Egoismus oder Bequemlichkeit (zu) wenig zu arbeiten. Meine eigenen Erfahrungen passen nicht zu diesen Diskurslinien. Vielmehr treffe ich immer mehr Teilzeit-Mütter, die ausgebrannt und überfordert sind. Frauen, die mit Ende 30, Anfang 40, das Gefühl haben, sich ständig zerreißen und aufopfern zu müssen, um Familie, Job und Haushalt unter einen Hut zu bekommen. Viele können sich schlichtweg nicht vorstellen, noch mehr Erwerbsarbeit zu leisten, ohne dabei einen anderen Lebensbereich zu vernachlässigen. Dazu ein Einblick in meinen eigenen Alltag: Damit ich am Montag um 08.45 Uhr ein Seminar geben darf, stehe ich um 05.15 Uhr auf. Ich sortiere Wäsche, programmiere die Maschine für einen ersten Waschgang, räume den Geschirrspüler aus und wieder ein, räume auf, füttere den Kater (und die Nachbarskatze), bereite meinen Kinder ihre Brotzeit vor, wecke sie auf, frage Englisch- und Lateinvokabeln ab. Um 07.15 Uhr verlasse ich mit meinen Kindern das Haus, um meinen Beitrag zum Gelingen des morgendlichen Berufsverkehrschaos zu leisten. Um 13.00 Uhr bin ich wieder zu Hause. Ich ent- und belade die Waschmaschine, bevor ich schnell einen Pfannkuchenteig zusammenrühre. Um 13.20 Uhr steht Tochter Nummer 1 vor der Haustür, um 14 Uhr Tochter Nummer 2. Essen, Hausaufgaben. Dazwischen immer wieder Wäsche, Geschirr spülen, aufräumen, Termine koordinieren (Schule, Zahnarzt, Geburtstage, Telefonkonferenz), einkaufen, E-Mails checken und beantworten. Dann wieder kochen. Wenn mein Mann - der immer vor mir zur Arbeit geht - nach Hause kommt, ist es in der Regel nach 19 Uhr. Mit den Kindern lesen, den kommenden Tag planen. Gegen 21.30 Uhr sitze ich auf der Couch. Ich bin seit 16 Stunden auf den Beinen. Sorry, aber das ist ein völlig Egoismus-freier Vollzeitjob. Und doch mag ich es so. Denn ich habe Zeit mit meinen Kindern verbracht, für meine Familie gesorgt und trotzdem mit einer sinnvollen Tätigkeit Geld verdient. Das ist nicht bequem, aber erfüllend.